87 Prozent des weltweiten Handels laufen über SAP-Systeme – eine Zahl, die zeigt, wie tief das europäische Softwareunternehmen in globale Wirtschaftsprozesse eingebunden ist. Doch SAP gestaltet nicht nur bestehende Strukturen, sondern arbeitet intensiv an der KI-gesteuerten Zukunft. Iris Seute kennt diese Transformation aus nächster Nähe: Sie arbeitet für SAP in der Hauptstadtregion und ist bestens vernetzt im Berliner KI-Ökosystem – zwischen Forschungseinrichtungen, Startups und etablierten Playern.
Im Gespräch erklärt sie, warum Berlin für SAP als KI-Standort unverzichtbar ist, wie Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Akteuren wirklich funktioniert und was es braucht, damit KI-Startups in Deutschland nicht nur gründen, sondern auch skalieren. Sie spricht über Mut und Risikobereitschaft, über die Rolle des #ai_berlin hub und darüber, wie Technologie gesellschaftlichen Mehrwert schaffen kann – verantwortungsvoll und menschenzentriert.
Hallo Frau Seute, wie würde unser Leben aussehen, wenn es SAP nicht gäbe?
Es wäre ziemlich dunkel um uns herum, würde ich sagen... und hungrig wären wir dabei auch! Im Ernst – das hätte weitreichende Folgen für Wirtschaft, Technologie und sogar den Alltag vieler Menschen. SAP hat etwas geschafft, woran viele Firmen früher gescheitert sind: große, global agierende Unternehmen mit einheitlichen, integrierten Systemen zu steuern. Laut SAP generieren ihre Kunden 87 % des weltweiten Handels über SAP-Systeme, das bedeutet SAP Software steckt weltweit in den meisten Unternehmen und beeinflusst unser aller Leben entsprechend des Unternehmensziels: „Help the world run better and improve people's lives“.
SAP ist Launch-Partner des #ai_berlin hub. Welche strategischen Gründe waren für SAP ausschlaggebend, diese Initiative zu unterstützen – und wie kann der Hub aus Ihrer Sicht als Plattform dienen, um SAPs Ziele und Aktivitäten am Standort Berlin weiter voranzubringen?
Als größtes europäisches Softwareunternehmen arbeiten auch wir als SAP selbst an zahlreichen neuen KI-Lösungen, welche wir hier vor Ort direkt mit Kunden durchspielen und evaluieren können – und mit denen wir tagtäglich in unserem Experience Center Kunden, aber eben auch Partner, Startups, Studierende und Akteure aus Politik & Wirtschaft inspirieren und mit ihnen – dem Ökosystem – in den Austausch gehen, der nicht nur einseitig ist, sondern von dem auch wir profitieren. Je mehr wir und unsere Kollegen aus dem Ökosystem erfahren, was es schon alles gibt und was es braucht, desto schneller und besser können wir die nächsten Schritte gehen.
Ein starkes regionales Ökosystem wirkt wie ein Fast Track, weil man sich – wie in einer guten Nachbarschaft – gegenseitig aushilft und so schneller und besser vorankommt. Wir haben ein so starkes Partner-Ökosystem, dass für jeden 1-Euro-Umsatz den wir machen, unsere Partner 5-Euro-Umsatz machen – wir profitieren stark von unseren Partnern, weil wir nicht alle Lösungen selbst bauen können.
Sie arbeiten in der Hauptstadtregion eng mit Forschungseinrichtungen wie dem Hasso-Plattner-Institut zusammen, betreiben ein eigenes Experience Center, und Ihr Chief AI and Technology Officer, Dr. Philipp Herzig, hat seinen Sitz hier. Was macht die Hauptstadtregion für SAP als Innovations- und KI-Standort besonders attraktiv?
Mit den 4 großen und zahlreichen kleineren Unis haben wir strategische und enge Partnerschaften, allen voran das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, die einen hervorragenden Ruf genießen und aktiv an KI-Fachgebieten forschen und mit denen wir in Kollaborationsprojekten Innovation vorantreiben, wie es in anderen Regionen nicht möglich wäre. Auch hier: Man ist ein Produkt seiner Umgebung – und als Teil eines agilen und innovativen Ökosystems wird man quasi gezwungen, mitzuziehen und als Thought Leader und Innovator voranzugehen. Berlin ist eine solche „Nachbarschaft“, ein solches Ökosystem. Nicht ohne Grund sitzt unser Chief AI and Technology Officer Dr. Philipp Herzig hier in Berlin und nirgends anders. Mit Berlin Partner haben wir hier die perfekte Institution, die eben diese Nachbarschaft anregt, zusammenbringt und die die Kollaboration sowie das gemeinsame Engagement vereinfacht und das Ökosystem zusammenbringt.
Sie haben in der Vergangenheit betont, wie stark SAP von seinem Partner-Ökosystem profitiert. Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit konkret im KI-Bereich? Und welche Rolle spielen Berliner Startups, zum Beispiel im Rahmen gemeinsamer Projekte oder Produktintegrationen?
Wir von SAP sind im KI-Bereich sehr eng mit den Forschungseinrichtungen verzahnt, die ich zuvor bereits erwähnt habe, und arbeiten insbesondere mit dem Hasso-Plattner-Institut an zahlreichen Projekten, etwa zu Knowledge Graphen und Foundational Models. Gleichzeitig pflegen wir eine ebenso enge Zusammenarbeit mit der TU München und kooperieren international unter anderem mit der Stanford University. Obwohl wir bei SAP auch hervorragende Forscherinnen und Forscher im Unternehmen haben, gibt es noch so viele offene Fragen, dass die wissenschaftliche und akademische Perspektive unseren Fokus enorm schärft und uns spürbar voranbringt. Sie ermöglicht es uns zudem, Themen in einer größeren Breite zu betrachten – zum Beispiel die Frage, wie sich Softwareentwicklungsprozesse mithilfe von KI verändern und effizienter gestalten lassen.
Die Ergebnisse aus diesen Kooperationen helfen uns unmittelbar bei unserer eigenen Transformation, weil sie uns in die Lage versetzen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen. Ein Beispiel dafür ist das Projekt zur „Cognitive Load of Software Developers“, das wir gemeinsam zwischen SAP Berlin und dem HPI durchführen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen bleiben wir am Puls der Zeit, können neue Erkenntnisse schnell in unsere Produktinnovation überführen und so unmittelbaren Mehrwert für unsere Kunden schaffen. Darüber hinaus positionieren wir uns dadurch auch als Employer of Choice, indem wir die besten und jüngsten Talente direkt von den Universitäten gewinnen.
Parallel dazu arbeiten wir intensiv mit Startups zusammen, die als Partner wertvolle Funktionen in unsere Produkte einbringen und diese erweitern, ohne dass wir jedes Feature selbst entwickeln müssen. Ein Beispiel ist Maya Data Privacy, ein Unternehmen, das sich auf die Datenanonymisierung für KI-Anwendungen spezialisiert hat und damit ein Thema abdeckt, das für ein Unternehmen wie SAP besonders relevant und sensibel ist. Gerade wenn es um Daten und Datenschutz geht, profitieren wir davon, spezialisierte Partner einzubinden und Verantwortung in diesen Bereichen gezielt auszulagern.
SAP hat 2023 in KI-Unternehmen wie Aleph Alpha, Anthropic und Cohere investiert, um mehr KI- und Cloud-Kompetenzen aufzubauen. Wie gestalten Sie diese Transformation am Standort Berlin – und welche Chancen sehen Sie dabei für die Zusammenarbeit mit dem regionalen KI-Ökosystem?
Hier treiben wir unter anderem die Entwicklung von KI, der Cloud oder Quantum voran. Mit dem #ai_berlin hub haben wir eine Plattform für enge Zusammenarbeit mit Startups, Forschungseinrichtungen und Universitäten. Wir sehen darin große Chancen, das regionale KI-Ökosystem gemeinsam international nutz- und sichtbar zu machen.
Fast ein Drittel aller deutschen KI-Startups sind in Berlin angesiedelt. Was braucht es aus Ihrer Sicht, damit diese Unternehmen hier nicht nur entstehen, sondern auch skalieren und langfristig bleiben?
Im Vergleich mit z.B. den USA gründen wir in Deutschland viel weniger und viel zögerlicher Startups – in den USA wird sich viel eher getraut, „to fail early“. In Deutschland ist man immer viel risikoscheuer und dank der Bürokratie wird auch weniger gegründet. Die Hürden und Aufwände sind hier immens und man hört viel zu oft das Wort „aber“, auch im Zusammenhang mit KI generell – es wird in der Öffentlichkeit viel mehr über die Risiken als über die Chancen gesprochen. SAP trägt dazu bei, indem wir hier am Standort live inspirieren und zeigen, wie weit wir schon sind, eben durch unseren CTO vor Ort, aber auch durch unser Experience Center und die Showcases und das Wissen, die wir sowohl bei uns am Standort als auch durch Showcases, Keynotes und andere Beiträge nach draußen ins Ökosystem tragen.
Und zum Potenzial vom #ai_berlin hub: Durch eben diese Bündelung verschiedener Unternehmen, Institutionen, zivilgesellschaftlichen und politischen Akteuren entsteht mehr Austausch, mehr Mut, und die Möglichkeit etwas zu ändern und zu verbessern.
Was treibt Sie persönlich an, wenn Sie an die Zukunft von KI in Berlin denken – und welches konkrete Ziel möchten Sie in den nächsten Jahren erreichen?
Wir möchten aus Berlin natürlich SAPs KI-Strategie maßgeblich vorantreiben. Was mich persönlich antreibt, wenn ich an die Zukunft von KI in Berlin denke, ist vor allem die Chance, Technologie wirklich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Berlin hat eine einzigartige Mischung aus Forschung, Kreativszene, Startups, etablierten Unternehmen sowie politischen und öffentlichen Akteuren. Diese Dichte an Perspektiven schafft ein Umfeld, in dem KI nicht nur effizient, sondern auch verantwortungsvoll, mutig und menschenzentriert entwickelt werden kann. Mich motiviert die Vorstellung, dass wir in Berlin ein Ökosystem aufbauen, in dem KI nicht nur Produkte verbessert, sondern auch neue Formen von Zusammenarbeit, Bildung und Teilhabe ermöglicht – ein Ort, an dem Innovation nicht nur technisch, sondern kulturell ist, und an dem auch SAP aktiv mitgestaltet.
Ganz praktisch heißt das für mich, Menschen in Unternehmen und öffentlichen Institutionen so zu befähigen, dass sie KI selbstbewusst und kompetent einsetzen können. Gleichzeitig geht es mir darum, Projekte voranzubringen, die technologischen Fortschritt mit einem konkreten gesellschaftlichen Mehrwert verbinden, sei es in der Bildung, der Verwaltung oder der nachhaltigen Stadtentwicklung. Und nicht zuletzt treibt mich das Ziel an, echte Brücken zwischen Forschung, Politik und Wirtschaft zu schlagen, damit gute Ideen nicht in Laboren oder Konzeptpapieren verbleiben, sondern im Alltag der Menschen ankommen.
Vielen Dank für das Gespräch.




















































































































































