Thies Hansen, Mitgründer und COO von autarc © Mariella Gradler

18 August 2025

„KI ermöglicht uns Visualisierung, Automation und Präzision, die früher undenkbar waren.“

Die Umstellung auf erneuerbare Energien ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit – und sie steht und fällt mit der Frage, wie schnell komplexe Technologien in die Breite kommen. In Berlin arbeitet autarc daran, genau diese Hürde zu senken: Mit einer Plattform, die den gesamten Planungsprozess für Wärmepumpen- und PV-Anlagen automatisiert, will das Start-up Handwerksbetriebe in die Lage versetzen, mehr Projekte in kürzerer Zeit und mit höherer Präzision umzusetzen. 

Thies Hansen, Geschäftsführer von autarc, spricht im Interview über die ursprüngliche Vision hinter der Entwicklung, den strategischen Vorteil des Standorts Berlin und die Rolle von KI bei der Digitalisierung des Handwerks. Wir erfahren, wie autarc Fachkräftemangel und Prozessabbrüche adressiert, welche technologischen Entwicklungen das Unternehmen als Nächstes vorantreibt und warum der Blick längst über Deutschland hinausgeht.

 

Hallo Thies, autarc hat eine Plattform entwickelt, die den gesamten Planungsprozess für Wärmepumpen und PV-Anlagen automatisiert. Was war die ursprüngliche Vision hinter diesem Konzept, und welche Möglichkeiten eröffnet der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Optimierung von Energieprojekten, die vorher nicht denk- oder umsetzbar waren?

Im Jahr 2021 war für uns absehbar, dass sich der Markt von Öl und Gas hin zu Wärmepumpen entwickelt – doch deren Planung ist komplex. Bis zu 1.000 Datenpunkte mussten zuvor manuell erhoben werden. Mit autarc automatisieren wir diesen Prozess jetzt vollständig: Unser LiDAR-Scan erfasst Räume in wenigen Sekunden; ein Haus ist so in rund 15 Minuten komplett digital abgebildet. Unser System berechnet daraus Heizlasten, hydraulischen Abgleich, Heizflächen sowie komplette Planungen inklusive PV-Auslegung. Neue Funktionen wie Heizkörpererkennung über LiDAR setzen diesen Standard weiter – damit sind wir weltweit einmalig.  

KI ermöglicht uns zudem Visualisierung, Automation und Präzision, die früher undenkbar waren: vollständige Planung direkt vor Ort, schnelle Anpassung im 3D-Modell, intelligente Angebots- und Routenplanung sowie optimierte Anlagenplanung. So schaffen es unsere Nutzer, den Planungsprozess nicht nur zu beschleunigen, sondern auch qualitativ auf ein neues Level zu heben. 

 

In Europa stehen Handwerksbetriebe im Mittelpunkt der Energiewende, da sie für die Installation und Wartung von Technologien wie Wärmepumpen und PV-Anlagen verantwortlich sind. Wie hilft autarc mit seiner Softwarelösung diesen Betrieben, die Effizienz zu steigern und die Energiewende voranzutreiben? 

Unser klares Ziel ist es, bis 2030 eine Million Anlagen mit der direkten Unterstützung von autarc installiert zu haben. Schon heute sparen Betriebe mit unserer Hilfe bis zu 20 Stunden pro Projekt – damit wird der zeitliche Aufwand ganz radikal gesenkt. Betriebe, die Wärmepumpen oder PV-Anlagen früher bewusst gemieden haben, trauen sich jetzt an diese Technologien ran.  

Die Software befähigt sie dann dabei, effizient, präzise und kundenfreundlich zu agieren – und das konkrete Ergebnis ist letztendlich, dass sie deutlich mehr Installationen schaffen, mehr Kundenanfragen erfolgreich konvertieren und ihr Geschäft nachhaltig skalieren können.

 

Berlin hat sich in den letzten Jahren als Technologie- und Innovationsstandort etabliert. Was bedeutet der Standort für autarc und welche Vorteile bringt das Berliner Start-up-Ökosystem für das Unternehmen? 

Berlin ist für uns ein echter strategischer Vorteil – die außergewöhnliche Kombination aus hochqualifizierten Engineering-, KI- und Energie-Talenten mit echter Leidenschaft für das wichtige Thema Energiewende ist vermutlich europaweit einmalig. Zudem gibt es hier wahnsinnig viele konkrete Möglichkeiten, sich aktiv mit renommierten Hochschulen, führenden Forschungseinrichtungen und relevanten Verbänden zu vernetzen und gemeinsam innovative Projekte zu starten.

 

Eure Software spart bis zu 20 Stunden Planungszeit pro Projekt. Welche konkreten Rückmeldungen habt ihr von Kunden erhalten, und welche Messgrößen verwendet ihr, um den Erfolg der individuellen Lösung zu überprüfen?  

Unsere wichtigsten KPIs sind: Zeitersparnis, Installationsrate und Angebotskonversion. Kundinnen und Kunden berichten von drastischen Zeitgewinnen – tatsächlich sprechen wir oft von bis zu 20 Stunden weniger Planungsaufwand pro Projekt. Betriebe jeder Größe nutzen unsere Plattform und berichten, dass sie durch schnellere und professionellere Angebote deutlich mehr Aufträge gewinnen, gleichzeitig neue Bereiche wie PV erschließen und insgesamt effizienter arbeiten können.  

Diese Rückmeldungen zeigen uns, dass unsere Lösung in der Praxis tatsächlich die erhofften Ergebnisse liefert und den Handwerksbetrieben dabei hilft, ihr Geschäftsmodell erfolgreich zu erweitern. 

 

Die Installation von Wärmepumpen und PV-Anlagen stellt eine große Herausforderung dar, besonders im Hinblick auf den Fachkräftemangel und die Komplexität des gesamten Prozesses. Wie hilft eure Plattform dabei, diese zu meistern? 

Die größte Hürde im Markt war lange die Komplexität. Viele Betriebe haben Wärmepumpen- oder PV-Projekte gemieden, weil Planung und Datenerhebung zu aufwändig erscheinen – vor allem im System. Mit unserer Lösung entfällt dieser Engpass. Die Automatisierung reduziert die Komplexität auf ein Minimum, sodass Fachpartner nur noch die finalen Ergebnisse prüfen müssen. Da wir keine Fachkräfte ersetzen können, liegt unser Hebel darin, bestehende Teams noch produktiver zu machen. 
  

Mit Blick auf die Zukunft: Welche technologischen Entwicklungen treibt ihr bei autarc im eigenen Unternehmen voran, und wo seht ihr den größten Beitrag, den ihr für den digitalen Wandel in der Energiebranche leisten wollt?  

Unser Ansatz ist, die gesamte Planung und Simulation von erneuerbaren Energien in Wohngebäuden zu automatisieren. Das beginnt bei der Erhebung aller relevanten Gebäudedaten und geht über die Standardisierung der Schnittstellen zwischen Gewerken bis hin zur Vereinfachung der Kommunikation mit dem Kunden. Ziel ist es, sämtliche Prozessabbrüche zu vermeiden, Reibung zu reduzieren und durch den Einsatz von KI nicht nur einzelne Arbeitsschritte, sondern ganze Prozessketten zu optimieren.

 

Berlin ist bekannt für seine starke Vernetzung in der KI- und Energiebranche. Welchen Mehrwert bietet euch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen in der Region?  

Berlin bietet für die erfolgreiche Verbindung von Energie, KI und Ingenieurwesen wirklich ideale Bedingungen. Durch unsere etablierten Verbindungen zu wichtigen Verbänden, renommierten Hochschulen und starken Projektnetzwerken können wir sehr schnell auf spezialisierte Expertise zugreifen, gemeinsam anspruchsvolle Forschung betreiben und innovative Pilotprojekte starten. Die kurzen Entscheidungswege und die außergewöhnlich hohe Dichte an relevanten Akteuren beschleunigen technologische Innovationen ganz erheblich. 
 

Was sind die langfristigen Ziele von autarc in der europäischen Energiebranche und wie möchtet ihr die digitale Transformation im Handwerk weiter vorantreiben? 

Wir sehen in vielen europäischen Märkten wie Frankreich, UK oder Italien, dass diese vor denselben strukturellen Herausforderungen stehen wie Deutschland. In allen Ländern gilt: Die Erfassung und Aufbereitung der technischen Gebäudedaten für komplexe Technologien ist aufwändig – jedoch entscheidend, um Endkunden zu überzeugen. Unser Ziel ist, diese Prozesse international zu automatisieren und so den Ausbau erneuerbarer Energien erheblich zu beschleunigen. 

 

Vielen Dank für das Gespräch.