Der Ruf exzellenter Forschung und Lehre im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Berlin eilt der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) voraus – und das nicht ohne Grund. Innerhalb der letzten 12 Monate kamen zwei weitere Bausteine hinzu: Mit einer Förderung von rund 2,9 Millionen Euro wurden die forschungsorientierte KI-Werkstatt und die interdisziplinäre Lehrwerkstatt für Künstliche Intelligenz aufgebaut. #ki_berlin hat mit Prof. Dr. Erik Rodner, Leiter der beiden gekoppelten Projekte, genauer über den strategischen Ansatz der Hochschule, die Wichtigkeit des Praxis-Kontexts in der Lehre und das Berliner KI-Ökosystem gesprochen.
Hallo Herr Rodner. Nach längerer Zeit in der Industrie sind Sie zurück im universitären Umfeld. Was haben Sie vermisst und wie können Sie beide Erfahrungen verbinden?
Das Herzstück meiner jetzigen Arbeit sind die Lehre und die Interaktion mit den Studierenden – das sind genau die Aspekte, welche ich während meiner Zeit in der Industrie vermisst habe. Sicherlich hat man auch in einer Firma viele Möglichkeiten sein eigenes Wissen und die eigenen Fähigkeiten an Andere weiterzugeben – in einer Hochschule passiert dies aber in einer ganz anderen Größenordnung. Schön ist es dabei immer wieder, wenn man nicht nur fachlich unterstützen kann, sondern mit der eigenen Erfahrung einer sehr jungen Generation helfen kann, sich im beruflichen Alltag zurechtzufinden. Letzteres ist besonders bei einer Hochschule der angewandten Wissenschaften gegeben.
Sie haben nach Ihrer Berufung an die HTW Berlin direkt zwei große Projekte angestoßen und realisieren können – die KI-Werkstatt für Forschung und Transfer und die KI-Lehrwerkstatt. Wie sind die Projekte entstanden?
Das war sicherlich perfektes Timing – ein großer Bedarf an Infrastruktur für die Forschung und Unterstützung im Aufbau der KI-Lehre trifft auf passfähige Fördermaßnahmen. Zusammen mit vielen engagierten Kolleg*innen aus allen möglichen Fachrichtungen können wir zwei Projekte realisieren, welche die Hochschule im Bereich KI stärken und sich nicht nur auf einzelne Disziplinen konzentrieren.
Vor welchen Problemen und Herausforderungen steht die universitäre Lehre und Forschung insgesamt im Kontext des Themenfelds KI?
Durch die mediale Präsenz des Begriffes KI gibt es einerseits ein riesiges Interesse an diesem Thema und andererseits aber auch eine gewisse Scheu, sich damit zu beschäftigen. Oft wird davon ausgegangen, dass es sich um etwas Magisches handelt, welches nur absolute Expert*innen verstehen können. Diese falsche Vorstellung müssen wir aufbrechen, sowohl in der Lehre als auch bei Forschungspartnern in der Industrie. Ziel ist es dabei, KI-Techniken einfach als bewährte Werkzeuge der Mathematik und Informatik anzusehen und für die unterschiedlichsten Disziplinen begreifbar und nutzbar zu machen.
Wie können Ihre Projekte dabei helfen, diese Hürden und Probleme abzubauen?
Beide Projekte dienen zur Förderung der neuen KI-Werkstatt an der HTW Berlin – jeweils mit dem Fokus Forschung und dem Fokus Lehre. Für neue KI-Forschungsprojekte bauen wir gerade technologische Hürden ab und stellen aktuelle Hardware zur Verfügung, um auch mit größeren Modellen im Bereich der Bild- und Sprachverarbeitung umgehen zu können. In der Lehre entwickeln wir zusätzlich Bausteine, welche wir aktiv mit Lehrenden aus anderen Disziplinen in bestehende Veranstaltungen integrieren. Dies wird ergänzt um sowohl automatische Systeme zur Individualisierung von Lehrangeboten (Kollegin Simbeck) als auch um Unterstützung durch Chatbots (Kollege Wendler).
Der Praxis-Kontext ist hier natürlich sehr wichtig, dabei hat die Künstliche Intelligenz und das Maschinelle Lernen Berührungspunkte mit den unterschiedlichsten Feldern. Wie wollen Sie das Thema erlebbar und erfahrbar machen?
Die Praxisnähe liegt uns in der Tat besonders am Herzen. In der KI-Werkstatt bauen wir daher unterschiedliche Versuchsaufbauten auf, welche KI-Methoden zum Beispiel für Predictive Maintenance (Kollege Matzka) oder auch für biomedizinische Anwendungen (Kollege Dabrowski) direkt am Gerät demonstrieren. Weiterhin sind wir besonders stolz auf das Teilgebiet Kunst/Gestaltung & KI – Kollege Ingerl schafft es hier mit seiner Studierendenschaft die Konsequenzen und zukünftigen Möglichkeiten der Technologie geschickt gestalterisch einer breiten Öffentlichkeit zu kommunizieren.
An wen richtet sich die KI-Werkstatt und wer soll profitieren?
Durch die breite Aufstellung der KI-Werkstatt mit den zwei Förderprojekten ist es unser Ziel, sowohl Studierende und Lehrende als auch Forschende und Gründungsinteressierte an der HTW Berlin zu unterstützen. Erste Schritte sind getan, aber es liegt auch noch eine Menge Arbeit vor uns.
Wie stehen Sie zum Berliner KI-Ökosystem, besonders in Hinblick auf Ihr eigenes Projekt? Was macht die Community hier in der Stadt für Sie so besonders?
Berlin ist einfach der perfekte Ort für anwendungsorientierte Forschung. Das Spektrum an Startups und etablierten Unternehmen ist immens und ermöglicht es uns, den Vorteil der Diversität der unterschiedlichen Fachrichtungen an der HTW Berlin ideal auszuspielen. Weiterhin gibt es eine riesige und sehr gut vernetzte KI-Community und viele Möglichkeiten für Talente. Wenn wir als Hochschule hier einen Beitrag zur Talentförderung und Innovationsstärkung für die lokale Wirtschaft leisten können, so freut mich dies umso mehr.
Blicken wir in die Zukunft: Was sind Ihre weiteren Pläne (für die KI-Werkstatt)?
Der große Fokus ist Transfer – Transfer von KI-Fertigkeiten und Wissen in verschiedenste Studiengänge, Transfer der geförderten Infrastruktur an der HTW Berlin in nachhaltige Konzepte und Förderung des Transfers der vielen KI-Forschungsprojekte an der HTW Berlin in die Wirtschaft – wie bereits gesagt, es gibt viel zu tun.
Vielen Dank für das Gespräch.