In Berlin wird wissenschaftsnahes Gründen von KI-Unternehmen ab sofort auf ein neues Level gehoben: Das neu gegründete KI-Exzellenzprogramm der Berlin University Alliance bringt die Besten der Besten zusammen. Um junge KI-Unternehmen auf ihrem Weg zu Unicorns zu unterstützen, umfasst das Serviceangebot des K.I.E.Z (Künstliche Intelligenz Entrepreneurship Zentrum) die gesamte Innovationskette: „Von der Identifizierung von Gründungspotenzialen in der KI-Forschung, über die gezielte Unterstützung in der Inkubationsphase, bis hin zu einem KI-Accelerator-Programm“, fasst es Dr. Tina Klüwer, Leiterin von K.I.E.Z. und Co-Gründerin von parlamind, zusammen.
Noch tummelt sich eine überschaubare Menge an Startups im neuen Berliner K.I.E.Z.: Die KI-Verkaufsplattform Creatext, die automatisch Recherchen über potenzielle Kund*innen durchführt und hyper-personalisierte Verkaufsbotschaften erstellt, gehört genauso dazu wie Green Fusion, das dank einer KI-basierten Energiemanagement-Software Energiesysteme digitalisiert und optimiert, um Energie und Ressourcen zu sparen. Sie haben Zugang zu Events, können sich mit der KI-Community des Berliner AI Campus austauschen und helfen vor allem als pilotierende Unternehmen aktiv, KI-spezifische Bedürfnisse zu identifizieren. Insgesamt „fünf erfolgsversprechende Startups (wurden) ausgewählt”, erklärt Klüwer. Sie alle repräsentieren eine Bandbreite an Geschäftsmodellen und Produktangeboten, außerdem befänden sie sich in verschiedenen Phasen ihrer unternehmerischen Entwicklung. Die fünf Startups sollen erst der Anfang einer wachsenden Gemeinschaft sein.
Wissenschaftsnahes Gründen auf ein neues Level heben
Ende November 2021 öffnete mit K.I.E.Z. das bundesweit erste Förderprogramm für KI-Startups seine Pforten. Dabei handelt es sich um die erste thematisch fokussierte Initiative von „Science & Startups“, dem Verbund der Gründungszentren der Verbundpartnerinnen der Berlin University Alliance (BUA) – Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin sowie Charité – Universitätsmedizin Berlin. Das Vorhaben wird in enger Kooperation mit dem Berlin Institute for Foundations of Learning and Data (BIFOLD) durchgeführt, einem der Leuchttürme der bundesweiten KI-Forschung. Ab 2022 soll es als Nationales KI-Kompetenzzentrum dauerhaft etabliert werden. „Im Bereich der KI-Forschung ist Berlin auf einem Spitzenniveau. Anders sieht es leider beim Technologietransfer aus: Hier besteht noch erheblicher Handlungsbedarf“, begründet die studierte Computerlinguistin Klüwer, warum die Initiative sich auf Künstliche Intelligenz fokussiert.
Dr. Tina Klüwer, Leiterin von K.I.E.Z. © Dr. Tina Klüwer
Vom Incubator bis zum Accelerator
Im ersten Schritt unterstützt der sogenannte K.I.E.Z. Incubator Fachleute auf dem Weg zur Gründung eines neuen KI-Unternehmens. „Es ergänzt das allgemeine Gründungsangebot von Science & Startups speziell für Gründungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz“, so Klüwer, die selbst 2016 mit parlamind ein erfolgreiches KI-Startup aus der Taufe gehoben hat. Dafür stützt es sich auf das bestehende Angebot der vier Partner-Inkubatoren – Profund Innovation der Freien Universität Berlin, Centre for Entrepreneurship der Technischen Universität Berlin, Humboldt Startup-Programm der Humboldt-Universität zu Berlin und BIH Innovation der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Das Prinzip ist denkbar einfach: Nach einer Scouting-Phase, in der Innovations-Manager*innen an den Universitäten potenziell erfolgreiche Gründer*innen und Ideen in einem Pre-Seed-Stadium identifizieren und akquirieren, treten die Startups in den Incubator ein und können mit dessen Hilfe etwa öffentliche Förderung wie das EXIST-Gründer*innenstipendium beantragen oder einen Businessplan erstellen. „Die Gründungszentren fokussieren sich vor allem auf die Seed-Phase, also auf die Begleitung junger Entrepreneure – von der ersten Geschäftsidee bis zur Unternehmensgründung“, weiß die 40-Jährige, „allerdings hat sich gezeigt, dass es für den nachhaltigen Erfolg wissenschaftsbasierter Ausgründungen einer Förderung über die Gründungsphase hinaus bedarf.
Individueller Förderansatz
Genau diese Lücke zu schließen, ist die Intention des K.I.E.Z. Accelerators, der am AI Campus Berlin angesiedelt ist: Hier sollen die Erfolg versprechendsten KI-Startups aus den Gründungszentrum in ihrer Wachstumsphase gezielt und individuell gefördert werden. „Der Bewerbungsprozess dafür ist zweigeteilt: Die erste Bewerbungsphase ist eine schriftliche Bewerbung über die K.I.E.Z.-Webseite“, erklärt Tina Klüwer, „von den eingegangenen Bewerbungen werden die Vielversprechendsten ausgewählt und noch einmal zu einem Pitch-Event vor einer Jury eingeladen.“ Um am Programm teilnehmen zu können, spielen Kriterien wie die Relevanz von KI für das Hauptprodukt/Geschäftsmodell, aber auch klassische Kriterien wie Skalierbarkeit des Geschäftsmodells und Marktpotential eine Rolle. Wichtig sei außerdem, „dass das Produkt ein klares Problem adressiert.“ Für die teilnehmenden Startups bietet K.I.E.Z. ein umfangreiches Servicepaket an. Wenn die junge Firma etwa Büroräume braucht oder Mentoring durch KI-Expert*innen im Rahmen der „KI Academy“, dann ist das Service-Paket „Growth Foundation“ das Richtige für sie. Das „Growth Hacks“-Paket wiederum konzentriert sich auf Support für Marketing, PR, Sales oder Produktentwicklung. „Wichtig ist uns, mit den Gründerinnen und Gründern zu besprechen, wo ihr genauer Unterstützungs- und Informationsbedarf liegt und welche Herausforderungen sich unmittelbar stellen. Hier wollen wir individuell ansetzen“, so die Expertin, die über zehn Jahre als Wissenschaftlerin am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), der Universität Bonn und der Freien Universität in Berlin tätig war. „Zugang zu Geldgeber*innen ist sicherlich ein Thema, aber auch der Zugang zu Absatzmärkten oder die Rekrutierung von Fachleuten.“ Während die Bewerbung für den Incubator jederzeit möglich ist, finden die Bewerbungsphasen für den 6-monatigen Accelerator zweimal pro Jahr statt: Anfang Januar bis Ende Februar mit Start im April und Anfang Juli bis Ende August mit Start im Oktober. Die Anzahl an Unternehmen ist auf sechs Startups pro Durchgang, also zwölf Startups pro Jahr, begrenzt. Zum Abschluss des Programms halten sie eine Abschlusspräsentation, bei der auch Risikokapitalgeber*innen und andere Industriepartner*innen anwesend sind, um eine potentielle zukünftige Zusammenarbeit auszuloten. Kooperation und Austausch werden aber nicht nur zum Abschluss, sondern bereits in allen Innovationsphasen großgeschrieben. „Für unsere Start-ups ist der persönliche Austausch mit gleichgesinnten Gründer*innen sehr hilfreich“, freut sich Klüwer, im AI Campus Berlin den idealen Standort gefunden zu haben. „Hier haben wir einerseits modernste Büroarbeitsplätze direkt im Zentrum Berlins, und zugleich die Anbindung an eine vitale KI-Gründer*innen-Community.“
Berlin: Vorreiter für Deutschland
Davon profitieren nicht nur die teilnehmenden Startups von K.I.E.Z., sondern das gesamte Berliner KI-Ökosystem. „Ich freue mich sehr über den Zuschlag für das Modellvorhaben der Berlin University Alliance. Dieser Erfolg unterstreicht das erhebliche Innovationspotenzial unseres Exzellenzverbunds und er ist zugleich ein wichtiger Baustein für die strategische Weiterentwicklung des KI-Ökosystems in der Startup-Metropole Berlin. Die Studierenden und Forschenden der Berlin University Alliance spielen dabei eine zentrale Rolle“, unterstreicht Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller die Wichtigkeit des Projekts in einer Pressemitteilung. Das Modellprogramm ist in die Weiterentwicklung der Berliner KI-Strategie eingebunden und wird durch das Land Berlin über vier Jahre mit 6,85 Millionen Euro gefördert und ko-finanziert. Dass sich auch das Bundeswirtschaftsministerium am Projekt beteiligt, zeigt das über Berlin hinausgehende Potenzial von K.I.E.Z.: Tatsächlich ist das Förderprogramm mit Sitz in Berlin das erste von mehreren bundesweiten Modellvorhaben für mehr Gründungen im KI-Bereich.