Nur ein Viertel der deutschen Unternehmen hat KI bereits in Geschäftsprozesse integriert – europaweit ist der Anteil mit 31 Prozent höher. Raum für eine optimistische Zukunftsperspektive gibt es trotzdem: Denn 45 Prozent der gleichen Gruppe sieht KI als sehr wichtige oder sogar die wichtigste Priorität in ihrer Digitalstrategie. Doch sind es noch vor allem die großen Unternehmen und IT-Konzerne, die vom aktuellen KI-Boom profitieren. Mit AI2Ynet, einer Plattform für KI-Technologien soll sich das ändern. Das Gemeinschaftsprojekt von FZI Forschungszentrum Informatik, dem European Center for Information and Communication Technologies (EICT) und der Gesellschaft für Informatik e.V. will gerade die für die deutsche Wirtschaft so wichtigen KMU an das Innovationsfeld KI heranführen.
Ein Blick auf den Mittelstand: KI bedeutet Risiko
Der Mittelstand ist in Deutschland eher schüchtern, wenn es um den Einsatz von KI geht. Die Gründe dafür sind vielfältig: Beim Thema KI fehlt es vielen Mittelständlern hauptsächlich an eigenen Entwicklungs- und Umsetzungskapazitäten, strategischen Technologiepartnern oder am Zugang zu den notwendigen Daten-Pools. Für KMU ist der direkte KI-Einstieg häufig mit hohem Aufwand und großem Risiko verbunden. Der Einsatz von KI birgt jedoch Potentiale in zahlreichen Unternehmensbereichen, die, wenn sie nicht ausgeschöpft werden, die Innovationsfähigkeit und Umsatzpotentiale der KMU reduzieren können.
Ein möglicher Lösungsansatz wäre es, eine Allianz aus mehreren KMU zu schaffen, die sich gegenseitig mit der jeweiligen Perspektive und Erfahrung bei der Implementierung der neuen Technologien überstützen.
KI-Innovationstransfer zwischen KMU ermöglichen
Mit der Plattform AI2Ynet soll daher eine branchen- und domänenübergreifende Plattform zur gemeinsamen Bereitstellung und Nutzung von KI-Algorithmen, Datenquellen und Schnittstellen geschaffen werden, um als zentrale Anlaufstelle und vertrauenswürdige Vernetzungsmöglichkeit insbesondere von KMU zu fungieren. Der Transfer von KI – und schließlich von Innovation – ist die Kernmechanik, welche AI2Ynet als Motor für den Mittelstand durchsetzen will.
KI-Innovation? Ein tauschbares Gut
Ein Beispiel für eine praxisnahe KI ist die Suche nach Abkürzungen innerhalb von Geschäftsprozessen. Das Wissen darüber, welche Komponenten an welche Systeme angeschlossen werden müssen und welche Abläufe sich besonders für den Einsatz dieser Technologie eignen, können auf der Plattform zur wertvollen Ware werden. In dieser Idee des Transfers von eigenen Erfahrungen auf andere Anwendungsgebiete liegen geschäftliche Entwicklungspotenziale für die unterschiedlichsten Unternehmen – und eben nicht nur für innovationsbedürftige KMU.
KI-Methoden und -Anwendungen können z.B. für die Optimierung einzelner Produkte, Dienstleistungen, Prozesse oder die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle verwendet werden. So entsteht eine KI-Innovation, die neben der Vermarktung der so entstandenen Produkte, ein Innovationstransfer als Verwertungsstrategie anbietet. So nimmt sich das Projekt AI2Ynet ein zweifaches Ziel vor:
Für KMU mit Innovationsbedarf: Diese auf einem frei zugänglichen Marktplatz an die Technologie heranführen – ihnen also den Zugang zu einem vielfältigen Angebot an KI-Gütern verschaffen. In einem zweiten Schritt sie durch Wissenstransfer bei der Innovation unterstützen.
Für Vorreiter der KI: Diese befähigen, ihre Innovation ganz oder teilweise zu anderen KMU zu transferieren, um daraus weiteren Wert zu schöpfen.
Warum Ökosystem-übergreifend denken?
Wenn sich technologische Anforderungen und mögliche Lösungsansätze der einzelnen Ökosysteme trotz unterschiedlicher Anwendungsbereiche ähneln, kann durch einen verbesserten Austausch beiderseitiger Mehrwert generiert werden. Dem Innovationstransfer über Ökosystem-Grenzen hinweg stehen weniger Zielkonflikte im Wege: KMU fokussieren sich im Gegensatz zu Konzernen zumeist auf ein einzelnes Ökosystem und stehen selten in Konkurrenz mit KMU aus anderen Ökosystemen. Ökosysteme unterscheiden sich durch ihre jeweiligen soziokulturellen, technologischen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen. Dem großen Wertschöpfungspotenzial eines Ökosystem-übergreifenden Transfers steht daher auch ein hoher technisch-organisatorischer Aufwand entgegen. Neben den aus unterschiedlichen Rahmenbedingungen resultierenden Herausforderungen fehlt es häufig an technischen, organisatorischen und vertraglichen Standards für den Austausch digitaler Innovationen. Das durch strukturelle Unterschiede gegebene Ungleichgewicht zwischen KMU und global agierenden Konzernen soll durch dieses Projekt erheblich abgemildert werden, was zu einem „Level Playing Field“ beiträgt.
Über das Projekt
Mit dem Projekt „AI2Ynet“ bewerben sich das FZI Forschungszentrum Informatik, die Gesellschaft für Informatik e.V., das European Center for Information and Communication Technologies (EICT) und weitere Partner für den KI-Wettbewerb 2019 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.