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08 Februar 2021

Künstliche (Business) Intelligenz aus Berlin rüstet Unternehmen für digitale Herausforderungen.

Im Zuge der rapide fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaftswelt setzen Unternehmen vermehrt auf die vielfältigen Stärken von Künstlicher Intelligenz: Laut einer Umfrage des Fraunhofer Instituts aus dem Frühjahr 2020 planen 75 Prozent der befragten Unternehmen den Einsatz von KI-Lösungen, während 16 Prozent diese bereits im Einsatz haben, um ihre Effizienz zu steigern und gleichzeitig Kosten zu senken.

Kein Wunder also, dass Innovationen und Dienstleistungen, die vor allem innerbetriebliche Prozesse analysieren und verbessern, mit 36 Prozent den größten Anteil am Berliner KI-Ökosystem ausmachen. So werden etwa durch wissensbasierte Experten- und Sprachsysteme Unternehmensabläufe automatisiert sowie die Kommunikation mit Kunden effizienter gestaltet. Mit Hilfe von KI-Systemen können außerdem Marktdaten analysiert werden, um Marketing-Aktivitäten gezielter umzusetzen und gleichzeitig bieten neue Verfahren der Bild- und Texterkennung innovative Wege Nutzerdaten zu schützen.

Customer Excellence durch digitale Sprachsysteme

Die Ansprüche von Kunden im digitalen Raum sind in den letzten Jahren sprunghaft gewachsen ­­– für viele Nutzer trennt sich bei der Customer Experience die Spreu vom Weizen: 24/7-Erreichbarkeit wird vom Unternehmen eingefordert, denn eine effiziente und transparente Kommunikation bedeutet nicht nur Zufriedenheit, sondern auch Vertrauen. Mitarbeitende im Kundenservice sehen sich somit wachsenden Belastungen ausgesetzt. Nicht nur müssen sie ein hohes Aufkommen verschiedenster Kundenanfragen bewältigen, auch die Dokumentation der Kundengespräche und zusätzliche Verwaltungstätigkeiten kommen als Aufgaben hinzu. Dieser Zeitdruck geht allzu oft auf Kosten der Qualität.

Eine Reihe von Berliner Unternehmen, wie etwa Rasa, Parlamind, Future of Voice, Solvemate oder DialogShift, haben daher verschiedene KI-Lösungen in den Bereichen der automatisierten, spracherkennenden Systeme entwickelt, die klassische Routineaufgaben – wie etwa die Vorsortierung und Klassifizierung von Anrufen, Chatnachrichten und Emails ­– erledigen oder die digitale Kommunikation oder Entscheidungsunterstützung für den Kunden gänzlich übernehmen.

Wie oft hat man bereits einen automatisierten Assistenten erlebt, der eher Probleme schafft, als sie zu lösen? Ganzheitliche Kundenkommunikation bedarf einer ganzheitlichen Lösung, glaubt auch Dr. Tanja Klüwer vom Berliner Start-up Parlamind. Mit einem besonderen Fokus auf die Kanäle Email, Telefon und Chat möchte es mit Hilfe von „Task Automation“ und „Assistive Support“ alle Enden der Online-Kommunikation zusammenführen. Das System bewertet eingehende Nachrichten feingranular rein themenspezifisch und unterscheidet nach konkretem Handlungswunsch des Endkunden, basierend auf neuesten Forschungsergebnissen aus der Machine-Learning-Forschung.

Ein weiterer Player auf dem Berliner Markt für Conversational AI, der dasselbe Ziel jedoch mit einem anderen Ansatz verfolgt, ist Rasa: Das Unternehmen bietet Open-Source-Machine-Learning-Tools für Entwickler und Produktteams an, um kontext-bezogene Multi-Turn-Konver­sationen zu automatisieren und frustrierende Erlebnisse mit Chatbots ad acta zu legen. Der große Vorteil ihrer KI-Lösung: Der Rasa-Code ist offen und system-unabhängig, daher kann die Software in der firmeneigenen Infrastruktur integriert werden und man behält gleichzeitig die Kontrolle über seine Daten. Kein Wunder also, dass mittlerweile mehrere Tausend Entwickler ihr Toolkit nutzten, das bereits in einigen Fortune-500-Firmen zum Einsatz kommt.

Dass Sprachassistenten auch branchenagnostisch eingesetzt werden können, zeigt ein Fall, der in Zeiten der globalen Corona-Pandemie aktueller nicht sein könnte: Zusammen mit dem Münchner Unternehmen PRIMO MEDICO haben die Gründer*innen von DialogShift einen Chatbot für die Covid-19-Krisenkommunikation entwickelt und dem kommunalen Berliner Klinikkonzern Vivantes kostenfrei zur Verfügung gestellt. Bereits in den ersten Wochen der Pandemie wurden täglich über 1.000 Fragen mehrsprachig beantwortet. Dabei sollte es nicht speziell darum gehen, alle Fragen zum Coronavirus zu klären, sondern gezielt solche Fragen zu automatisieren, die bei den Hotlines in großer Zahl auflaufen. Die Folge: Entlastung der Servicemitarbeiter bei ständiger Erreichbarkeit – sogar in Krisenzeiten.

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Informationsfluten meistern

Das Credo „Data is key“ ist weithin bekannt, doch mehr Daten bedeutet nicht automatisch mehr Effizienz. Viele Unternehmen stehen stattdessen mehr und mehr einer wahren Flut an internen sowie externen Daten gegenüber, die auf herkömmlichen Wegen nicht mehr effektiv verarbeitet werden können. Hier sind schnelle und effiziente Abläufe gefragt, die über intelligente Strukturierung und automatische Klassifizierung der Dokumente und Datensätze erreicht werden kann.

Die Prozessoptimierung durch KI-gestützte Datenanalysen ist dabei ein Bereich, den das Berliner Unternehmen dida wie seine Westentasche kennt: Das interdisziplinäre Team entwickelt Machine-Vision-Algorithmen, welche Strukturen in Bild und Text erkennen können, die dem menschlichen Auge verschlossen bleiben. Dabei reichen ihre Anwendungsfälle von Versicherungen und e-Commerce über Immobilien, bis hin zu Gesundheit und Wettervorhersagen. Auch die vielen lästige Buchhaltung ist heutzutage mit Hilfe von Machine-Learning-Techniken einfacher zu bewältigen. Das Berliner Unternehmen CANDIS hat sich etwa zur Aufgabe gemacht, Rechnungsfreigaben mit KI zu automatisieren. Dank ihrer Software sparen Unternehmen nicht nur Zeit, sondern reduzieren auch Fehler. 

Durch die Fähigkeit, unstrukturierte Daten zu analysieren, können große Datenmengen schnell und automatisch ausgewertet werden, um damit Expert*innen und Sachverständige bei schwierigen Entscheidungen datenbasiert zu unterstützen. Beispielsweise bietet SiaSearch aus der Schmiede des Berliner Company Builders Merantix eine umfassende Verwaltungsplattform für unstrukturierte Sensordaten an. Diese werden dabei basierend auf intuitiven Semantikattributen und Schlüsselwörtern automatisch indiziert und strukturiert, damit beispielsweise selbstfahrende Autos im Ernstfall kluge Entscheidungen treffen können.

Dieses „Predictive Analyzing“ wird ebenfalls genutzt, um die Marketingaktivitäten von Unternehmen zielgenauer umzusetzen, indem spezifisches Nutzerverhalten analysiert und Produkte sowie Dienstleistungen diesen Bedürfnissen angepasst werden. Um per Deep-Learning-Algorithmen intelligente Voraussagen treffen zu können, reichen interne Daten oftmals jedoch nicht aus. Diesen steigenden Hunger nach externen, unternehmens-, personen- oder maschinenbezogenen Daten machen sich aufstrebende Start-ups wie Datarade aus der KI-Hauptstadt zur Nutze. Das Team sieht seine Intelligence Platform als Anker in einem extrem intransparenten Datenmarkt, die qualitativ hochwertige, DSGVO-konforme Daten zwischen Käufern und Verkäufern bereitstellt. Statt Monate mit der Suche nach externen Daten zu verschwenden, sollen Mitarbeiter passende Datenanbieter effizient identifizieren und die Beschaffung zentralisieren können.

Datennutzung trifft Datenschutz

Für Innovationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz – von selbstfahrenden Autos, über automatisierte Produktionsprozesse und bildgebende Verfahren in der Radiologie bis hin zur Betrugsbekämpfung im Internet und ausgeklügelte Marketing-Kampagnen – ist eine hohe Datenqualität essentiell. Jedoch sollte die Nutzung von Daten möglichst immer Hand in Hand mit aktuellen Datenschutzbestimmungen erfolgen. In Berlin gibt es eine wachsende Zahl an Unternehmen, die sich dem Thema Datenschutz und KI auf mehreren Ebenen annähern.

Das in Berlin ansässige Unternehmen Statice etwa möchte es mit seinem Tool zur Datenanonymisierung Unternehmen möglich machen, das Potential ihrer Daten unter gleichzeitiger Wahrung des Datenschutzes von einzelnen Personen auszuschöpfen. Ihre Lösung, die primär im Finanz-, Gesundheits- und Versicherungswesen eingesetzt wird, wandelt die eingehenden Daten in synthetische um, die vollkommen anonym sind, jedoch ihre ursprünglichen Statistikeigenschaften behalten. Als eine brandneue, nicht minder innovative Alternative zu Alphabets Google möchte sich das Berliner Start-up Xain mit seiner Suchmaschine „Xayn“ positionieren und die Aspekte Datenschutz und Bequemlichkeit miteinander verbinden: Daten der Nutzer bleiben auf dem Smartphone zentral gespeichert, während eine KI die Nutzerinteressen durch Ausschlussverfahren erkennt und Inhalte gezielt auf den Nutzer zuschneidet.

Das Deep Neuron Lab konzentriert sich hingegen ganz auf personenbezogene, interne Daten von Unternehmen. Mit modernster Objekterkennung und sogenannter „Convolutional Neural Networks“ identifiziert und anonymisiert der „Anonymizer AU“ automatisch jegliche Formularfelder, die sensitive Daten enthalten und macht diese Dokumente bedenkenlos nutzbar. Unter dem Schirm neuer Datenschutzbestimmungen wie der DSGVO, CCPA, APPI oder CSL werden auch visuelle Daten, wie etwa Foto- oder Videomaterial, als besonders schützenswert erfasst – mit gravierenden Folgen. Beispielsweise im Bereich des autonomen Fahrens sind Ingenieure und Entwickler auf Bilddaten aus dem öffentlichen Raum angewiesen, damit Fahrzeuge ihre Umgebung wahrnehmen und frühzeitig potentielle Gefahren erkennen können. Das Unternehmen Brighter AI, welches führend im Bereich der Anonymisierung visueller Daten ist, nutzt einen Deep-Learning-Algorithmus, der persönlich identifizierbare Informationen wie Gesichter oder Nummernschilder entfernt und durch künstliche, realitätsgetreue Ersatzdaten, die das System generiert, ausgetauscht. So bleiben Identitäten in der Öffentlichkeit geschützt und es entstehen gleichzeitig für Softwareentwicklung, Marketinganalysen und Training von Algorithmen interessante, datenschutzkonforme Datensätze, die beweisen, dass sich intensive Datennutzung und Datenschutz nicht ausschließen müssen.

Die Steigerung von Effizienz bei gleichzeitiger Senkung von Kosten sind die Maximen der modernen, digitalisierten Wirtschaftswelt, daher ist der riesige Bedarf an Optimierung und Weiterentwicklung von innerbetrieblichen Prozessen die logische Folge. Mit starken, breit gefächerten, KI-basierten Innovationen und Dienstleistungen ist das Berliner KI-Ökosystem jedoch auf dem besten Wege dahin, ein gehöriges Wort auf dem Weltmarkt der Business Intelligence mitzureden.