Die globale Gesellschaft ist größten Veränderungen und Umwälzungen unterworfen und wenn man über die Entwicklungen der Digitalisierung spricht, führt an Themen wie Maschinelles Lernen, Big Data und Künstliche Intelligenz kein Weg vorbei. Einer der sich hervorragend in der Thematik auskennt, ist Philipp Otto, Gründer und Direktor des Think-Tanks iRights.Lab und einer der führenden Digitalisierungsexperten in Deutschland. In seiner täglichen Arbeit befasst sich der Publizist mit der Schnittstelle zwischen Recht, Technik, Gesellschaft und Politik im Kontext der Digitalisierung und entwickelt Konzepte und Strategien zur Bewältigung von Herausforderungen in der digitalen Welt.
Herr Otto, das iRights.Lab arbeitet mit einer Vielzahl an Player*innen zusammen – von öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen bis hin zu Wissenschaft und Politik. Wie sind Sie als Team aufgestellt und welche Themenbereiche und Probleme gehen Sie an?
Wir arbeiten überparteilich an hoch relevanten politischen und gesellschaftlichen Schnittstellen und verfügen aufgrund unserer jahrelangen Arbeit, unserer Herangehensweise und unserem politischen Gespür über ein hohes Maß an Reputation, sowohl im Inland als auch im Ausland. Wesentlicher Teil davon ist unsere Fähigkeit, nahezu alle Themenbereiche im Lichte der Digitalisierung und der Digitalpolitik zu spiegeln, zu bearbeiten und weiterzuentwickeln. Thematisch geht es beispielsweise um Data Governance, Datenpolitik, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, neuronales Denken, IoT, historisch-politische Bildung, Europapolitik, Regulierung, Informationspolitik und vielfältigste übergeordnete Strategie- und Politikberatung. Von kleinsten bis sehr großen Projekten ist alles dabei.
Wenn man über die Entwicklungen der Digitalisierung spricht, führt natürlich auch am Thema Künstliche Intelligenz kein Weg vorbei. Haben wir schon verstanden, wie sehr unser Leben davon in den nächsten Jahrzehnten beeinflusst wird?
Wer sich beruflich mit Fragen des Maschinellen Lernens, Algorithmen, Big Data und durch Künstliche Intelligenz gestützte Anwendungen beschäftigt, hat eine Ahnung, ein Gefühl davon, dass dieser Bereich eine hohe Relevanz für unsere Zukunft hat. Zum heutigen Zeitpunkt ist der Grad der Veränderung für unser aller Leben auch noch komplett offen. Es gibt technikgetriebene Versprechen, eine Vielzahl an theoretischen Möglichkeiten und unterschiedliche punktuell eingesetzte Beispiele für „die KI in unserem Leben". Entscheidend wird sein, ob wir dieses Thema als Gesellschaft vorantreiben, oder ob wir es im Entwicklungsbereich weniger, technikaffiner, großer Unternehmen belassen. Der Schritt in eine wirklich datengetriebene Gesellschaft ist groß und es braucht viel Überzeugungskraft. Wesentlich dabei ist, dass wir aus leicht formulierten Positionen und Forderungen in die konkrete Umsetzung kommen, in Ausprägungen und graduellen Abstufungen, die wir uns heute noch nicht vorstellen können. Mit vielen Partner*innen und intelligenten Menschen arbeiten wir an genau solchen Fragestellungen. Diese gehen im Übrigen weit über Fragen und eine singuläre Betrachtung von KI hinaus.
Sie haben mit „Algorithmen und Künstliche Intelligenz im Verbraucheralltag" ein neues Partnerprojekt, welches vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gefördert wird. Worum geht es dabei im Detail und was wollen Sie mit diesem Projekt erreichen?
Es geht in diesem Projekt um die allgemeine Sensibilisierung und Mitnahme der Nutzer*innen bei alltagsrelevanten Fragen von KI und Algorithmen. Wir vermitteln Grundwissen und beleuchten mit zugespitzten Szenarien einen digital geprägten Alltag, indem unsere Hauptfigur Anna mit diesen Themen konfrontiert wird, Entscheidungen trifft und diese moralisch und wertegebunden abwägt. Die Alltagsszenarien werden als Video, als Audio und in Textform ausgespielt, um möglichst niedrigschwellige und vielfältige Zugangsmöglichkeiten zu den hoch komplizierten Themen zu schaffen. Das gelingt uns sehr gut und das Projekt ist stark nachgefragt.
Die Digitalisierung kann ja auch als Wettbewerb gesehen werden, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Wie sehen Sie den Umgang mit Daten auch in Bezug auf andere Länder und deren strenger bzw. lockerer Reglementierung?
Digitale Anwendungen und die dadurch geprägte strukturelle Ausrichtung von Unternehmen und ganzen Branchen sind selbstverständlich auch wettbewerbspolitisch relevant. Dies nicht nur, um mitzuhalten und irgendwie mitzuschwimmen, sondern um Treiber*in einer Entwicklung, einer Zukunft zu werden. Ein Wettbewerb um die besten Produkte, die besten Anwendungen und die schlaueste Lösung um ein Problem zu lösen, kann neue Kräfte freisetzen. Man muss allerdings die Voraussetzungen dafür schaffen. Bei den Fragen danach, was man wie mit Daten machen kann und wie hier sowohl eine staatliche, als auch eine unternehmerische Gestaltung aussehen kann, sind wir ganz am Anfang. Wir brauchen hier aber eine neue Selbstverständlichkeit bei der Beförderung dieser Entwicklungen. Dazu gehört eine Menge know-how und eine Menge Mut. Deutschland ist hier zu langsam und hat zu wenig Selbstbewusstsein.
Berlin bringt erfahrungsgemäß viele Vorteile mit sich, aber was macht Berlin für Sie zu einem KI-Hub? Und wie schlägt sich Berlin im Vergleich zu anderen Zentren wie dem Silicon Valley, oder aber auch europäischen Metropolen wie London oder Paris?
Berlin kann zu einem Ort werden, der nicht nur eine Kopie eines wie auch immer gearteten Silicon Valleys ist, sondern eine Weiterentwicklung. Es geht darum, einen Effekt auszulösen, bei dem man soziale Fragen, Beteiligungsaspekte, wertegebundene Regelungen und Produkte und eine neue Form des strategischen Denkens etablieren kann. Die zentrale Frage ist: Wie kriegen wir wirklich Menschheitsprobleme global wie auch lokal mithilfe von Digitalisierung gelöst, wie machen wir das Leben ganz konkret besser. Eine solche Entwicklung ist viel mehr als PR. Wenn man dies erreichen will, brauchen wir neue durchlässige Strukturen von Unternehmen, Zivilgesellschaft und Verwaltung, wir brauchen in der ganzen Stadt Räume und Strukturen, die ein solches Denken befördern und ermöglichen. Dies kann man nicht per se mit Kennzahlen und KPIs greifen, es ist vielmehr eine Geisteshaltung. Will man ein KI-Hub werden, so muss man ein KI-Hub werden wollen. Dies erfordert auch hier eine neue Form der kooperativen und strategischen Zusammenarbeit. Das Beste darf nicht gut genug sein, man muss einen Schritt weiter gehen. Eine enorme Herausforderung für einen Standort. Aber machbar.
Wenn Sie wählen könnten, was wäre Ihr ideales Zukunftsszenario in einer Welt dominiert von Künstlicher Intelligenz?
Künstliche Intelligenz soll mir ganz persönlich und der Gesellschaft helfen, allgemeine Probleme zu lösen. Menschen mit nicht idealen Bildungshintergründen sollen individuell befähigt werden, nach den Sternen greifen zu können, einsame Menschen sollen Sparringspartner*innen mit intelligenten Robotern und Anwendungen haben, die aus der Trauer ein Lächeln machen. Ökologische Ressourcen und Arbeitskraft sollen maximal intelligent eingesetzt werden und wir entwickeln einen sozialen Staat, der durch den vermehrten Einsatz von KI wesentlich besser auf Bedürfnisse des Bürgers reagieren kann als heute. Wir verbessern die Medizin und industrielle Verfahren und Produkte und nicht zuletzt: Wir schaffen die Voraussetzungen, dass sich die Menschen in einem immer stärkeren Maße auf die zwischenmenschliche Interaktion und die solidarische Hilfe in der Gesellschaft konzentrieren können. So ungefähr wird es eines Tages aussehen, wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen.
Herr Otto, wir danken für das Gespräch