Dr. Susan Wegner, Deutsche Telekom AG © Susan Wegner

14 Januar 2019

"Wir müssen die richtige Balance finden, dürfen weder blind vor Angst noch zu euphorisch sein."

Dr. Susan Wegner ist Vice President für den Bereich Data, Artificial Intelligence & Governance (CDO) der Deutschen Telekom AG und hat über 10 Jahre Erfahrung in der Gestaltung und Leitung der Innovationsentwicklung innerhalb der Deutschen Telekom Gruppe. Die promovierte Informatikerin setzt sich für Transparenz bei der Datennutzung ein, fordert einen verantwortungsvollen Umgang bei der Entwicklung von KI und eine Balance zwischen Angst und Euphorie gegenüber der Zukunftstechnologie.

Durch Ihre umfangreiche Erfahrung in der Innovationsentwicklung innerhalb der Deutschen Telekom Gruppe sitzen Sie am Puls der Zeit. Welche Rolle spielt der Standort Berlins für datengesteuerte Technologien, vor allem für die Künstliche Intelligenz?

Berlin ist Deutschlands Innovationszentrum. Deshalb haben ja auch viele Großunternehmen ihre Innovation Hubs hier in Berlin, so wie auch wir mit den Telekom Innovation Laboratories. Hier in Berlin gibt es eine lebhafte Start-up Szene sowie viele Möglichkeiten zur Verknüpfung von Forschung und Praxis. Mit dem von uns initiierten Format „Digital Wanderlust“ setzen wir auf genau diesen Austausch im erweiterten Netzwerk, um so unsere aktuellen Themen mit Inspirationen von außen zu versorgen.

Der Vergleich mit Silicon Valley bleibt – verständlicherweise – nie aus. Inwiefern kann und muss Berlin und der deutsche Technologiemarkt sich etwas vom amerikanischen Vorbild abschauen? Und in welchen Aspekten hebt sich Berlin ab?

Ich denke wir müssen uns hier keinesfalls verstecken. Natürlich ist im Silicon Valley die Dominanz der Technologie-Industrie deutlich stärker zu spüren als hier. Doch das ist auch unser Vorteil. In Berlin ist die Gründerszene noch entspannter und übersichtlicher, der Austausch damit einfacher und derzeit sehr inspirierend.

Bei der Entwicklung von KI-Systemen spielt Diversität eine wichtige Rolle. Wie und wo zeigt sich eine Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz und welche Auswirkungen hat dies auf unsere heutige und zukünftige Gesellschaft?

Man kann nicht generell von Diskriminierung durch KI sprechen. KI ist letztlich nur so offen, wie es die menschengemachten Algorithmen vorsehen und so vielfältig wie die verwendeten Trainingsdaten. So entstehen dann skurrile Beispiele von KI Applikationen, die beispielsweise Probleme bei der Bilderkennung von asiatischen Gesichter haben oder nicht auf dunkelhäutige Hände reagieren. Es ist immer wichtig, den ethischen Aspekt von KI zu berücksichtigen und die notwendige Sorgfalt beim Entwickeln und Testen walten zu lassen. Unter anderem um dieser Verantwortung gerecht zu werden, haben wir uns als Deutsche Telekom auch entsprechende KI Richtlinien gesetzt.

Die technologische Entwicklung schreitet immer weiter voran. Welche Herausforderungen, Probleme und Chancen sehen Sie für die Zukunft von Künstlicher Intelligenz?

Eines der Kernfelder wird sein, wieviel Vertrauen wir KI entgegenbringen werden. Die öffentliche Diskussion ist geprägt von einigen prominenten Beispielen, seien es Einsatzzwecke in der Medizin bei der Prophylaxe oder Früherkennung von Krankheiten oder Diskussionen um Diskriminierung oder Fehler von autonomen Fahrzeugen. Wir müssen die richtige Balance finden, dürfen weder blind vor Angst noch zu euphorisch sein, um KI sinnvoll einsetzen und weiterentwickeln zu können.

Nutzen und Nachhaltigkeit von Daten ist ein konstanter Streitpunkt in Debatten der Politik und Gesellschaft. Welche Regulierungen braucht es Ihrer Meinung nach, damit private Daten ausreichend geschützt bleiben und trotzdem wichtige Entwicklungen stattfinden können?

Mit der Einführung der DSGVO wurde das Thema Datenschutz ja sehr präsent in der öffentlichen Wahrnehmung, und innerhalb der Unternehmen. Mehr Regulierung ist aus meiner Sicht hier der falsche Ansatz, es geht vielmehr um Transparenz der Datennutzung für die Bürger, so dass jede/r von uns selbstbestimmt damit umgehen kann. Grundsätzlich ist es ja nicht verwerflich, dass persönliche Daten durch Algorithmen genutzt werden, um beispielsweise bessere Dienstleistungen anbieten zu können. Jedoch muss dies aktiv von den Betroffenen akzeptiert sein. Volle Transparenz gegenüber den Endkunden.

In welchen Bereichen des Lebens werden Daten, ihre Auswertung und Nutzung in Zukunft unabdingbar sein?

Ich sehe hier kaum Grenzen. Überall fallen Daten an, und können helfen Lebensbereiche zu unterstützen: Automatisierung und Personalisierung sind hier die großen Stichworte. Wichtig ist eben, diese Entwicklung aktiv zu begleiten und neben dem technischen Fortschritt dessen Konsequenzen und ethische Einordnung immer im Blick zu haben.

Welche Empfehlung haben Sie für Menschen/Unternehmen, die sich mit der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz beschäftigen wollen, um Innovationen anzustoßen?

Nur zu – das sind extrem spannende Felder! Um hier tief einzusteigen, bedarf es naturgemäß eines profunden Studiums der relevanten Methoden und Technologien. Aber wie eingangs schon gesagt: in Berlin gibt es viele Menschen mit Wissen zu KI und interessanten Ideen, durch die Teilnahme an Netzwerk-Events beispielsweise wird so der Einstieg einfacher und jede/r kann sehen, wie er/sie sich am besten mit seinen/ihren Kenntnissen und Ideen in einbringen kann. Basis und für den Erfolg entscheidend ist die Erstellung einer geschäftsorientierten Unternehmensstrategie.