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31 Juli 2019

KI-Systeme aus Berlin liefern vielfältige Gesundheits-Lösungen, von der Diagnostik bis zur Therapie, von der Datenanalyse bis zur Prozessoptimierung.

Die Innovationskraft der Bundeshauptstadt im Bereich KI ist nicht nur spürbar in den vielbeachteten Bereichen Business Intelligence und Prozessmanagement, sondern zeigt sich auch durch die exzellente Arbeit der KI-Unternehmen, die sich intensiv mit intelligenter Gesundheit befassen und etwa 10 Prozent des Berliner KI-Ökosystems abbilden.

KI-Systeme aus Berlin werden in vielfältiger Weise eingesetzt: Sie helfen bei der Diagnostik und der Datenanalyse spezifischer Krankheitsbilder, finden aber ebenso in der Operationsplanung wie in der Unterstützung der innerbetrieblichen Prozesse von Krankenhäusern Anwendung. Apps zur intelligenten Datenaufzeichnung und Analyse im Bereich der Prävention werden im Fitness- und Gesundheits-Kontext entwickelt. Auch Chatbots, also Systeme mit denen in natürlicher Sprache kommuniziert werden kann, begleiten Betroffene auf ihrem Heilungsweg.

Startups

Eine Reihe von Startups in Berlin verschiebt die Grenzen des traditionellen Gesundheitswesens mit innovativen Lösungen, die auch auf der internationalen Bühne Bahnen brechen könnten – immer an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Forschung.

Weltweit wurden im Jahr 2018 über 250 Millionen Mammographien durchgeführt, welches den enormen Aufwand und die repetitive Arbeit verdeutlicht, der Radiologen täglich ausgesetzt sind. Das Berliner AI Venture Studio Merantix hat mit seinem Projekt Vara Healthcare eine MDD-zertifizierte Deep-Learning-Technologie zur radiologischen Erkennung von Brustkrebs entwickelt, welche die Arbeit der Ärzte erleichtern soll. Mit der Software-Lösung können Negativbefunde mammographischer Untersuchungen mit hoher Sicherheit und Effektivität ausgeschlossen und Radiologen über auffällige Resultate und tatsächliche Befunde alarmiert werden. Die Nocturne GmbH befasst sich hingegen mit der präzisen Erfassung und Messung von Landmarken der Netzhaut, dem Sehnervenkopf und der Macula sowie ihrer Analyse mithilfe einer KI-basierten Software. Die klinische Anwendung, entwickelt durch das Forscherteam des Exzellenzclusters NeuroCure der Charité Berlin, soll bereits 2020 marktreif sein und Neurologen ein zuverlässiges Tool zur Diagnostik von Erkrankungen der Retina an die Hand geben. Das Patientenwohl sowie die Unterstützung der täglichen Arbeit von Ärzten steht auch bei der innovative Lösung von PeakProfiling im Mittelpunkt, wenn auch in einem anderen Themenfeld: Depressionen und ADHS sind zwei in Deutschland weitverbreitete Erkrankungen, allerdings werden diese nicht immer früh genug oder überhaupt erkannt. Das Stimm- und Soundanalysetool der Berliner, welches durch KI-Technologie emotionale und physische Zustände erfassen kann, soll dabei helfen, psychische und neurologische Erkrankungen besser zu ermitteln und gleichsam Therapien effizienter zu bestimmen.

Ein Berliner Startup, das den rasanten Aufstieg von Gesundheits-Apps wie kein zweites symbolisiert, ist Ada Health. Das Team von Ärzten, Wissenschaftlern und Ingenieuren wurde bereits 2012 gegründet und unterstützt mit seiner KI-gestützten, kostenfreien App Menschen dabei, ihren Gesundheitszustand besser zu verstehen und gibt Hinweise auf eine mögliche Behandlung. Ada hat sich mittlerweile zur Nummer 1 der medizinischen Apps in über 130 Ländern entwickelt und soll dabei helfen, Warnzeichen einer Krankheit frühzeitig zu erkennen, aber auch die Anzahl an unnötigen Arztbesuchen, und somit die effektiven Kosten der Gesundheitsversorgung zu reduzieren.

Während Ada das gesamte gesundheitliche Spektrum im Blick hat, kümmert sich Lindera vor allem um die Ältesten unserer Gesellschaft. Stürze bei Senioren kosten der Krankenkasse pro Fall jährlich so viel wie die Behandlung von Diabetes, führen häufig zum Tode und sind vermeidbar, wenn die Risikofaktoren bekannt sind. Mit seinem Mobilitätstest analysiert das 3D-Bild der Gangbewegung mit der einfachen Smartphone-Kamera und Künstlicher Intelligenz. Darüber hinaus digitalisiert das junge Berliner Startup die Analyse der Risikofaktoren und die Maßnahmenplanung, um Stürze im Alter zu verhindern, die Pflegedokumentation zu systematisieren, Kosten zu verringern und Angehörige wie Pflegekräfte zu entlasten.

Der Alltag für Schwerhörige und Gehörlose ist vor allem im öffentlichen Raum durch hohe Geräusch- und Lärmkulissen problematisch, doch die Gründer Peter Udo Diehl und Elias Sprengel haben sich das Ziel gesetzt, ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Seit 2017 arbeitet das Team von Audatic daran, mithilfe einer Deep-Learning-Technologie Audiosignale zu modifizieren, sodass in Verbindung mit handelsüblichen Hörgeräten lästige Hintergrundgeräusche per Smartphone herausgefiltert werden können. Neben angestrebten Kooperationen mit Hörgeräte- und Cochlea-Implantate-Herstellern erhofft sich das junge Unternehmen einen Zugang ihrer KI-Lösung zum lukrativen Markt der Smartphones und Kopfhörer.

Visual Article: © Uhura Digital für Berlin Partner für Economics and Technology GmbH

Universitäten & Forschungseinrichtungen

Die akademische Forschung im Bereich KI-Health in der Bundeshauptstadt ist vielfältig und innovativ, federführend dabei sind die Projekte der Charité Berlin. Momentan arbeiten dort mehr als 20 Arbeitsgruppen, um mithilfe von KI in Kooperation mit anderen Forschungsinstituten, wie der Technischen Universität Berlin (TU Berlin), dem Max-Dellbrück-Zentrum, der Humboldt Universität (HU Berlin), der Freien Universität (FU Berlin), der HTW Berlin, dem DFKI und einigen Fraunhofer-Instituten, Behandlung und Pflege im Gesundheitsbereich zu verbessern.

BigMedilytics (Big Data for Medical Analytics) ist die größte EU-finanzierte Initiative, um das Gesundheitswesen der Region mittels Big Data zu transformieren, ihre Produktivität durch Kosteneinsparungen, verbesserte Behandlungsergebnisse für Patienten sowie einen besseren Zugang zur Gesundheitsvorsorge, rapide zu steigern. Dabei werden in insgesamt 12 Pilotprojekten die drei bedeutendsten Themenfelder unter den Aspekten Prävention, Diagnose, Behandlung und Pflege bearbeitet – Bevölkerungsgesundheit und Management von chronischen Krankheiten, Onkologie sowie die Industrialisierung des Gesundheitswesens.

In der derzeitigen klinischen Praxis der medizinischen Bildgebung werden diagnostische Entscheidungen oft auf Grundlage qualitativer Bildmarker gefällt, was zu Unsicherheiten in der Diagnosestellung und langen Ausbildungszeiten führt. Die DFG-finanzierte Forschungsgruppe BIOQIC erforscht und entwickelt daher die biophysikalisch-fundierte, quantitative medizinische Bildgebung weiter, um diese in klinischen Pilotstudien anzuwenden. Eine sich weiterentwickelnde medizinische Bildgebung käme auch der Krebsforschung zugute, denn heute werden enorme Datensätze generiert, die Tumore in einer beispiellosen molekularen Detailliertheit analysiert und charakterisiert. Um diese vielschichtige Fülle an Daten zu integrieren und interpretieren, werden neue rechentechnische Methoden zu einem zentralen Aspekt der Krebsforschung. Diese Methoden werden ebenfalls nötig im Bereich der klinischen Onkologie, da mehr und mehr Patienten Therapien, basierend auf integrierten, molekularen Profilen, erhalten. CompCancer, eine DFG-finanzierte Forschungsgruppe der Charité, hat sich daher auf die Entwicklung neuartiger rechentechnischer Verfahren und Lösungsansätze in der Krebsforschung fokussiert.

An neuartigen Lösungen wird auch im Bereich des Schlaganfalls fieberhaft geforscht, ist es doch weltweit die zweithäufigste Todesursache mit insgesamt 260.000 erkrankten Menschen in Deutschland pro Jahr. Das Projekt PREDICTioN2020 unter Leitung von Dr. Dietmar Frey hat mithilfe von Künstlicher Intelligenz ein innovatives Simulationsmodell entwickelt, welches eine prädiktive Diagnostik bei der Schlaganfallbehandlung mittels digitaler medizinischer Bildgebung ermöglicht. ai4medicine, ein weiteres Projekt der Charité Berlin, schließt hier nahtlos an und ermöglicht mittels moderner KI-Technologie und der HealthAdvisor-App individualisierte Therapieempfehlungen für Schlaganfall-Patienten.

Etablierte Unternehmen & Institutionen

Neben der bahnbrechenden Forschung und Entwicklung von Gesundheitslösungen in Startups, Universitäten und Forschungseinrichtungen, befassen sich auch nationale und international operierende Unternehmen an der Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Bereich KI-Health.

Das Projekt SAHRA (Smart Analysis Health Research Access) der AOK NordOst war ursprünglich eines von 13 Leuchtturmprojekten des Technologieprogramms „Smart Data – Innovationen aus Daten“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). SAHRA wurde als Datenanalyse- und Kooperationsplattform in der Versorgungsforschung konzipiert und macht es nun möglich, Abrechnungs- und Behandlungsdaten mit Studien- und Registrierungsdaten sicher und legal zu kombinieren sowie Forschern und anderen Nutzern zugänglich zu machen.

Das ungarische Unternehmen turbine wurde gegründet, um Forschern eine effektivere Planung und Weiterentwicklung von lebensrettenden Therapien zu ermöglichen, bevor zeit- und kostenaufwändige biologische Experimente durchgeführt werden. Im Rahmen des G4A-Accelerators 2016 von Bayer und in enger Kooperation mit dem Pharma-Giganten wurde in Berlin eine KI-Softwarelösung entwickelt, die vorhersagt, wie eine Krebserkrankung auf eine Behandlung reagieren wird und gleichzeitig bei der Entwicklung neuer Medikamente helfen könnte.

Aufregende Zeiten für künstlich-intelligente Gesundheit – Made in Berlin.